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EDITORIAL














        Zum wiederholten Mal:


        Griff in die Mottenkiste













        „Die Forderung des IW Köln, die Städte  „Gerade angesichts sinkender Belegungs-  über einen beträchtlichen Anteil an Ge-
        sollen ihre kommunalen Wohnungsunter-  rechte an Sozialwohnungen sind die Woh-  nossenschaftswohnungen  sowie  Woh-
        nehmen  verkaufen,  entbehrt  jeglicher  nungsunternehmen  ein  wichtiges  noch  nungen  unter  kirchlicher  Trägerschaft.
        sachlichen Grundlage“, erklärt Axel Ge-  verbleibendes Steuerungsinstrument auf  Diese  unterschiedlichen  Strukturen  ma-
        daschko,  Präsident  des  Spitzenverbands  den lokalen Wohnungsmärkten der Städ-  chen Wohnen für verschiedene Bedürfnis-
        der  Wohnungswirtschaft.  Das  IW  Köln  te und Kommunen. Kommunaler Wohn-  se und in unterschiedlichen Ausprägun-
        hatte  jüngst  einmal  mehr  angeregt,  die  raumversorgungsauftrag und Daseinsvor-  gen  möglich.  Dieses  ausgewogene  Ver-
        Städte könnten ihre Wohnungsbestände  sorge müssen – neben der Stadtentwick-  hältnis jetzt durch blinde Verkäufe zu stö-
        abgeben, um sich so zu entschulden. „Das  lung – auch in Zukunft erfüllt beziehungs-  ren,  würde,  so  fürchte  ich,  den  Woh-
        ist  ein  Vorschlag  aus  der  Mottenkiste“,  weise  gewährleistet  werden“,  so  Ge-  nungsmarkt  insgesamt  gefährden  und
        sagt Gedaschko. Ein Vergleich, dem ich  daschko. Der Trend geht daher in vielen  den Mietern in Deutschland schaden. Die
        mich nur anschließen kann. Und ich fühle  Regionen und Städten weg vom Verkauf  740 kommunalen und öffentlichen Woh-
        mich an meine Schulzeit erinnert, als der  und hin zur Neugründung von kommuna-  nungsunternehmen  mit  ihren  rund  2,4
        Deutsch-Lehrer an den Rand meines Auf-  len  Wohnungsunternehmen.  Für  viele  Millionen Wohnungen sind wichtige Part-
        satzes mehrfach „Wdh!“ kritzelte, was so  Städte sind ihre Wohnungsunternehmen  ner  der  Städte  und  Gemeinden  in
        viel wie „Wiederholung!“ heißt. Klar gab  die letzte Möglichkeit, gefährdete Quar-  Deutschland. Sie versorgen breite Schich-
        es dazu Abzüge in der Note. Wie für das  tiere zu stabilisieren oder Maßnahmen der  ten der Bevölkerung mit guter Wohnqua-
        IW Köln, das mit der wiederholten Forde-  Stadtentwicklung aktiv anzupacken.  lität zu bezahlbaren Mieten und beziehen
        rung ebenfalls zu einem „Wiederholungs-                                dabei auch die Menschen mit ein, die sich
        Täter“ mit schlechter Beurteilung wird.  Um  die  Jahrtausendwende  war  es  in  aus  eigener  Kraft  auf  dem  Wohnungs-
                                            Deutschland  zur  Veräußerung  öffentli-  markt nicht behaupten können.
        „Es ist völlig klar, dass bei der Entschei-  cher und kommunaler Wohnungsunter-
        dung, ob eine Kommune ihr Wohnungs-  nehmen gekommen. Schon damals war
        unternehmen verkaufen sollte, kurzfristi-  es nur ein schöner Schein, wenn man be-
        ge Renditegedanken kein guter Ratgeber  hauptet hat, man könne durch den Ver-
        sind“, erklärte Gedaschko. Solche Kaufer-  kauf von Wohnungsgesellschaften die öf-  Mit herzlichen Grüßen aus Stuttgart!
        löse führten nur selten zu einer nachhal-  fentlichen Haushalte sanieren. Der einma-
        tigen  Konsolidierung  des  Haushalts,  im  lige Geldzufluss konnte den dauerhaften
        Gegenteil: Auf lange Sicht gesehen würde  Vermögensverlust und den Verzicht auf
        der Verkauf kommunaler Wohnungsun-  künftige  Einnahmen  nicht  ausgleichen.
        ternehmen  sogar  die  Finanzierungspro-  Die einmaligen Einnahmen schmolzen da-
        bleme  einer  Stadt  verschärfen,  weil  da-  hin wie Schnee in der Sonne, und der ur-
        durch das strukturelle Defizit nicht besei-  sprüngliche  Schuldenstand  wurde  meist
        tigt, sondern eher konserviert wird. In der  sehr bald wieder erreicht.  Florian Peter
        Zukunft hat die Kommune dann weiterhin                                 Redakteur
        Finanzprobleme,  aber  hat  kein  strategi-  Es führt kein Weg daran vorbei: Die Stärke  f.peter@kbdonline.de
        sches  Steuerungsinstrument  mehr.  Das  des deutschen Wohnungsmarkts ist seine
        können sich die Kommunen bei den ak-  Vielseitigkeit.  Neben  den  privaten,  den
        tuellen Herausforderungen auf dem Woh-  kommunalen  und  öffentlichen  Woh-
        nungsmarkt heute nicht mehr leisten.  nungsunternehmen verfügt Deutschland                      www.gdw.de


                                                                                                    KBD 4/2018  3
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